1. Neues Kaufrecht zum 01.01.2022

Am 01. Januar 2022 erfolgt auf Basis der Warenkaufrichtlinie eine Reihe von Gesetzesänderungen, die weitestgehend das Verbrauchsgüterkaufrecht betreffen. Unter anderem wird ein Vertrag über „Waren mit digitalen Elementen“ eingeführt sowie eine Aktualisierungspflicht für digitale Elemente, also eine Updatepflicht. Daneben erfolgen zahlreiche vereinzelte Änderungen im Verbrauchsgüterkaufrecht.

Tipp: Verschaffen Sie sich einen Überblick zu den Änderungen des neuen Kaufrechts.

2. Warum wird das Gesetz geändert?

Die Kaufrechtsreform verfolgt unter anderem den Zweck einer Stärkung des Cross-Border E-Commerce innerhalb der Europäischen Union. Wer als Onlinehändler an Verbraucher in anderen Mitgliedstaaten verkaufen will, muss die jeweils zwingenden Verbrauchervertragsvorschriften des Staates erfüllen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Diese EU-weite Zersplitterung führt bisher zu rechtlichen Problemen, zum Beispiel bei der Gestaltung von Rechtstexten wie z.B. Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Gerade kleine und mittelständische Onlinehändler entschieden sich aufgrund zusätzlicher Kosten und juristischer Risiken, nur national zu verkaufen (bzw. nur in einzelnen EU-Staaten). Die Warenkaufrichtlinie verfolgt vor diesem Hintergrund ganz besonders das Ziel, den grenzüberschreitenden Onlinehandel innerhalb der EU zu stärken, sowohl im Sinne der Unternehmer als auch Verbraucher.

3. Beispiele: Das ändert sich für Onlinehändler

Nachfolgend zeigen wir anhand von drei Beispielen, was sich durch die Kaufrechtsreform praktisch ändert.

a. Neue Produktkategorien: Verkaufen Sie diese Produkte?

Bislang wurde im BGB zwischen Waren und Dienstleistungen abgegrenzt, wobei das Kaufrecht nur für Waren galt. Um die digitale Entwicklung abzubilden, wird das neue Verbrauchsgüterkaufrecht wie folgt unterscheiden:

  • Digitale Produkte
    Vom Begriff der „Digitalen Produkte“ sind sowohl digitale Inhalte als auch digitale Dienstleistungen erfasst (§ 327 Abs. 1 BGB-neu).

    • Digitale Inhalte sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden (§ 327 Abs. 2 Satz 1 BGB-neu), also zum Beispiel Software-, Video- oder Audiodateien.
    • Digitale Dienstleistungen ermöglichen dem Verbraucher die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form, den Zugang oder die gemeinsame Nutzung solcher Daten. Der digitale Dienstleistungsbegriff erfasst damit beispielsweise Software-as-a-Services wie Social Media Dienste, Messenger, Plattformen oder Datenbanken, aber auch Hosting oder Cloud Dienste (§ 327 Abs. 2 Satz 1 BGB-neu).
  • Waren mit digitalen Elementen
    Waren mit digitalen Elementen sind Sachen, die einen digitalen Inhalt oder eine digitale Dienstleistung benötigen, um ihre Funktionen erfüllen zu können (vgl. § 327a Abs. 3 BGB-neu). Ist das digitale Element für das Funktionieren der Ware erforderlich, wird es künftig also als Bestandteil der Ware behandelt. Digitale Inhalte, die in einer Ware enthalten sind oder mit ihr verbunden sind, können alle Daten sein, die in digitaler Form erzeugt und bereitgestellt werden, zum Beispiel Betriebssysteme, Anwendungen und andere Software. Sie können zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags bereits installiert sein oder dem Vertrag entsprechend erst später installiert werden. Zu digitalen Dienstleistungen, die mit einer Ware verbunden sind, können Dienstleistungen zählen, die die Erstellung, Verarbeitung, die Speicherung von oder den Zugang zu Daten in digitaler Form erlauben, wie Software-as-a-Services, die in einer Cloud-Computing-Umgebung bereitgestellt werden, die fortlaufende Bereitstellung von Verkehrsdaten in einem Navigationssystem oder die fortlaufende Bereitstellung von individuell angepassten Trainingsplänen im Falle einer intelligenten Armbanduhr (Smart Watch). Das Internet der Dinge hat zur Folge, dass auch smarte Haushaltsgeräte wie Staubsauger, Rasenmäher oder Kühlschränke in den Anwendungsbereich fallen, je nach Lage des Falls sogar moderne Autos.

b. Aktualisierungspflicht für digitale Produkte und Waren mit digitalen Elementen

Eine wesentliche Änderung für Unternehmer stellt die in § 475b Abs. 4 BGB-neu geregelte Aktualisierungspflicht von digitalen Produkten und Waren mit digitalen Elementen dar. Betroffene B2C-Kaufverträge erhalten dadurch anders als nach bisheriger Rechtslage teilweise den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses.

Die Aktualisierungspflicht führt dazu, dass der Verkäufer während der üblichen Nutzungs- und Verwendungsdauer zum einen Softwareupdates bereitstellen und zum anderen seine Verbraucherkunden über vorliegende Updates informieren muss. Sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wird, soll der Verkäufer jedoch weder verpflichtet sein, verbesserte Versionen des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung der Waren zur Verfügung zu stellen, noch die Funktionen der Waren zu verbessern oder auszuweiten, soweit dies über die Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit hinausgeht. Die Aktualisierungspflicht verfolgt vielmehr das Ziel, die Funktionsfähigkeit des Produkts zu erhalten und Risiken durch Sicherheitslücken zu entschärfen.

Praktische Folgen der Aktualisierungspflicht

  • Erfüllt der Verkäufer seine Aktualisierungspflicht nicht, ist die Ware mangelhaft (§ 475b Abs. 2 BGB-neu). Das gleiche soll nach der Begründung zur Warenkaufrichtlinie gelten, wenn das bereitgestellte Update fehlerhaft oder unvollständig ist.
  • Erfüllt der Verkäufer seine Aktualisierungspflicht, installiert der Verbraucher das Update aber nicht binnen angemessener Frist, haftet der Unternehmer spiegelbildlich nicht für Mängel des Artikels, die auf das Fehlen des Updates zurückzuführen sind. Wichtig für Verkäufer: Die Haftung entfällt nur, wenn der Verkäufer den Verbraucher über die Folgen einer unterlassenen Installation des Updates informiert hatte (§ 475b Abs. 2 BGB-neu).

Wie lange gilt die Aktualisierungspflicht?

Ausgangspunkt ist § 475b Abs. 4 Nr. 2 BGB-neu, wonach der Verbraucher solange funktionserhaltende Updates bekommen soll, wie er

„aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann“

Die Erwartungshaltung des Verbrauchers wird jedoch weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung näher konkretisiert. Insbesondere ist kein fester Zeitraum definiert, wie lange Verbrauchern Updates bereitgestellt werden müssen.

Aus den Erwägungsgründen zur Warenkaufrichtlinie ergibt sich, dass der Zeitraum gemeint ist, in dem Verbraucher vernünftigerweise erwarten können, Aktualisierungen zu erhalten. Maßgeblich sollen Art und Zweck der Waren bzw. digitalen Elemente sein unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Kaufvertrags. Ein Verbraucher würde normalerweise erwarten, Aktualisierungen zumindest so lange zu erhalten, wie der Zeitraum andauert, in dem der Verkäufer für Vertragswidrigkeiten haftet. Mindestzeitraum wäre danach die gesetzliche Gewährleistungsfrist, typischerweise also zwei Jahre. In einigen Fällen könne sich die vernünftige Erwartung des Verbrauchers allerdings über diesen Zeitraum hinaus erstrecken, was insbesondere hinsichtlich Sicherheitsaktualisierungen der Fall sein könnte. In anderen Fällen, beispielsweise bei Waren mit digitalen Elementen, deren Zweck zeitlich befristet ist, wäre die Pflicht des Verkäufers, Aktualisierungen bereitzustellen, regelmäßig auf diesen Zeitraum beschränkt.

Vertragliche Abweichungen von der gesetzlichen Dauer der Updatepflicht sind möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass der Verbraucher vor dem Kauf gesondert informiert wird und ausdrücklich zustimmt, z.B. per Checkbox.

c. Neuer Sachmangelbegriff: Was bedeutet das für Verkäufer und Käufer?

Der Sachmangelbegriff wird durch die Kaufrechtsreform neu definiert. Danach ist eine Sache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen von § 434 Abs. 1 BGB-neu entspricht.

Für den Mängelbegriff maßgeblich sind zunächst die Absprachen der Vertragsparteien. Danach entspricht eine Sache den subjektiven Anforderungen, wenn sie

  • die vereinbarte Beschaffenheit hat und
  • sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
  • mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.

Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

  • sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und
  • eine übliche Beschaffenheit aufweist.

Ist eine Montage durchzuführen, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage sachgemäß durchgeführt worden ist oder zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

Praktische Folge: Anders als nach herkömmlichem Recht kann eine Sache mangelhaft sein, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist und damit den subjektiven Anforderungen entspricht, ihr aber zum Beispiel branchenübliche Qualität fehlt. Die praktischen Auswirkungen könnten jedoch gering ausfallen angesichts dessen, dass § 434 Abs. 3 Satz 1 BGB gerade eine Rückausnahme beinhaltet („Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde…“). Entscheidend wird sein, welche Maßstäbe die Gerichte an derartige abweichende Vereinbarungen stellen.

Nach neuem Kaufrecht wird das Mängelrecht im Ergebnis in vier Bereiche aufgeteilt:

  • Ob gewöhnliche „analoge“ Ware mangelhaft ist, richtet sich nur nach § 434 BGB-neu.
  • Auch für Waren mit digitalen Elementen gilt § 434 BGB-neu, allerdings ergänzt um die neuen Vorschriften im Verbrauchsgüterrecht (s.o.).
  • Besteht keine sog. qualifizierte Verbindung zwischen Ware und digitalem Element, werden beide Teile gesondert behandelt. Die Mangelfreiheit des digitalen Elements richtet sich dann nach den §§ 327d ff. BGB-neu, die Mangelfreiheit der Ware nach § 434 BGB-neu.
  • Die Mangelfreiheit von rein digitalen Elementen richtet sich nach § 327d ff BGB-neu.

4. Wer ist von den Änderungen betroffen?

Die neuen Änderungen wirken sich insbesondere für Onlineshop-Betreiber und Onlinedienstleister aus, die folgende Waren bzw. Dienstleistungen anbieten:

  • B2C-Onlinehändler, also Onlineshops, die auch mit Verbrauchern Verträge schließen
  • Onlineshops, die „smarte“ Waren verkaufen, z.B. Verkäufer von Smartphones, smart TVs etc.
  • Anbieter von digitalen Inhalten wie Software, Video, Audio oder z.B. Computerspiele, die nach dem Kauf vom Kunden heruntergeladen werden
  • Software-as-a-Service Anbieter (B2C und B2B), z.B. Online-Tools
  • Digitale Dienstleister, z.B. Kursanbieter

5. Besteht Abmahngefahr?

Ja. Wer seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum 01. Januar 2022 nicht anpasst, kann von Konkurrenten und Verbraucherverbänden wie der Wettbewerbszentrale kostenpflichtig abgemahnt werden.

6. Diese avalex Rechtstexte ändern sich

avalex berücksichtigt die Neuregelungen selbstverständlich. Von den Gesetzesänderungen betroffen sind die folgenden avalex Rechtstexte:

  • Datenschutzerklärung
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen

Diese Rechtstexte haben wir bereits an die neuen Regelungen angepasst. Sie stehen avalex Kunden ab sofort zur Verfügung und werden im Rahmen der automatischen Aktualisierungen in die Rechtstext-Seiten der Kundendomains eingespielt.

7. Schützen Sie Ihren Shop vor Abmahnungen

Sichern Sie Ihren Onlineshop ab mit den automatisch abmahnsicheren Rechtstexten von avalex. So fügen Sie avalex in Ihren Shop ein:

  1. Starten Sie mit einem Rechts-Check Ihrer Internetseite auf avalex.de. Wir zeigen Ihnen an, ob Ihre Website mit avalex kompatibel ist.
  2. Beantworten Sie nach dem Kauf im avalex Kundenkonto einige Fragen zu Ihrem Unternehmen. Aus den Antworten erzeugen wir passgenaue Rechtstexte speziell für Ihre Internetseite. Unsere Fragen berücksichtigen bereits die neuen Vorgaben der Kaufrechtsreform.
  3. Installieren Sie mit wenigen Klicks das passende avalex Plugin (oder unseren Client für reine HTML/PHP-Websites). Für die folgenden Content-Management-Systeme stellen wir Plugins zur Verfügung:
    • WordPress / WooCommerce
    • TYPO3
    • Joomla!
    • Drupal
    • Contao
    • Shopware
    • Magento
    • OXID eSales
    • Shopify
    • plentymarkets
    • JTL Shop
  4. Entscheiden Sie, wo die avalex Rechtstexte auf Ihrer Internetseite angezeigt werden sollen.
  5. Fertig. Ab sofort halten wir Ihre avalex Rechtstexte automatisch aktuell – inklusive Abmahnkostenschutz. Bei Änderungen der Gesetze oder neuen Urteilen müssen Sie nichts tun. Die nötigen Änderungen der Rechtstexte spielen wir automatisch in Ihre Internetseite ein. Ihre Daten können Sie natürlich jederzeit kostenlos ändern.
  6. Bonus: Einmal pro Woche scannen wir Ihre Internetseite. Ermittelt der Scanner einen neu installierten Webdienst wie z.B. Google Analytics, Facebook Pixel oder einen von hunderten weiteren Diensten, werden Sie automatisch benachrichtigt und können den benötigten Rechtstext mit wenigen Klicks hinzufügen. So wachsen unsere Rechtstexte mit Ihrer Website.